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AutorenbildDoula Doris

Die Macht der Worte (1) - Achtsamkeit schon in der Schwangerschaft


Der achtsame Umgang mit Sprache ist in allen Lebensbereichen essenziell - im sehr sensiblen, hochemotionalen und fragilen Umfeld einer Geburt kommt diesem Instrument eine noch viel größere Bedeutung zu. Die Sprache ist ein machtvolles Instrument, das selbsterfüllende Prophezeiungen auslösen und zerstörerische Bilder setzen kann. Aber sie kann auch positive Kräfte hervorrufen, bestärken und helfen, Berge zu versetzen. Was ich mir wünsche ist, dass alle Geburtsbegleiter diese Kunst der Sprache sensibel zu verwenden wissen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Wahl der Worte einen signifikanten Einfluss auf den Verlauf einer Geburt hat – sowohl in positiver als auch in negativer Weise. Aus diesem Grund habe ich mich ausführlich mit diesem Thema im Rahmen meiner Abschlussarbeit des DiA Doula-Trainings beschäftigt und möchte euch in dieser Blog-Reihe gerne auf eine Reise in die Welt der Sprachverarbeitung einer Gebärenden mitnehmen und aufzeigen, wie wichtig die richtige Wortwahl im Kreißsaal ist.


Kommunikation in Vorbereitung auf eine Geburt

Alles, was schon im Rahmen der Schwangerschaft gesagt oder auch nicht gesagt wird und durch Mimik und Gestik zum Ausdruck kommt, entfaltet bei werdenden Eltern große Wirkkraft. Positive Metaphern und Angebote verstärken die Selbstwirksamkeit, das wissen wir aus unzähligen Studien und Berichten, die vor allem in den vergangenen Jahren rund um die Themen Self-Care, Eigen-Motivation, positives Mind-Setting, Burn-Out etc. durch die Medien gehen. Meiner Ansicht nach schafft allein das Vermeiden von negativen Beschreibungen und Bemerkungen, die oftmals eigentlich gut gemeint sind, bereits eine Veränderung.


Die Aufmerksamkeit der Frauen kann vom gesamten Geburtsteam vom ersten Augenblick der Begegnung noch während der frühen Schwangerschaft genutzt werden, um diesen beginnenden Prozess der werdenden Mama in positive Bahnen zu lenken. Eine Geburts-positive und selbstverständlich freundliche und herzliche Gesprächsführung kann in dieser sehr verletzlichen Phase einer Frau einen enormen Einfluss auf den weiteren Verlauf der Schwangerschaft und Geburt haben. Als Teil des Geburts-begleitenden Teams haben wir Doulas die Chance, sehr bewusst und sensibel von Anfang an die Art der Kommunikation aufzubauen, die die Ressourcen und Ziele der Klientinnen nutzen. Durch aufmerksames Zuhören kann es allen Beteiligten leicht gelingen, die Stärken jeder einzelnen Frau herauszufinden und genau dort mit Bestätigung, Lob und Zuversicht das Vertrauen in sie selbst zu stärken. Schwangere Frauen sind die mutigste und tapferste Version ihrer selbst und genau diese Seite können wir ganz einfach mit wenigen ehrlich gemeinten Worten hervorholen.

„Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist der gleiche wie zwischen einem Glühwürmchen und einem Blitz.“ Mark Twain

Gegenteilig können Worte wie „Risikoschwangerschaft“, „zu groß/klein“, „zu viel/wenig“ oder ein unbedachtes Stirnrunzeln des Arztes bei der Ultraschalluntersuchung viel Schaden anrichten. Studien belegen, dass Frauen heute mit deutlich mehr Ängsten in und durch eine Schwangerschaft gehen als in jeder früheren Generation. Gebären ist heute sicherer als je zuvor und trotzdem ist die Unsicherheit bei vielen Frauen sehr groß. Diverse Horror-Geburtsgeschichten aus der Nachbarschaft und den sozialen Medien und viele andere negative Bilder, die sich Schwangeren in dieser emotional sehr sensiblen Phase einprägen, werden unbewusst gestützt von gut gemeinten Angeboten des Arztes wie „zur Sicherheit können wir in zwei Wochen noch eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung machen, wenn sie wollen“ oder ein „na hoffentlich ist alles g’sund“ von der Oma.


Als Doula habe ich die Möglichkeit, beim Erstellen des Geburtsplanes viele Fragen zu stellen und so die Wünsche und auch Sorgen der Frauen genauer zu beleuchten. Dadurch bin ich in der Lage, mit meinen Worten die positiven Bilder ganz bewusst zu stärken. Wichtig ist aber, dass das gesamte Team der Geburtsbegleiter sich der Macht der Worte ebenso bewusst ist. Oftmals beginnt die Beziehung zwischen der Hebamme und der Frau sowie deren Partner mit dem ersten Kontakt an der Kreißsaaltür. Mit sensibler Beobachtungsgabe kann die Hebamme sofort einen guten Kontakt herstellen. Was sind die ersten Worte und Gesten, mit denen das Paar eingeladen wird, um sich sicher und gut aufgehoben zu fühlen? Beispielsweise könnte die Begrüßung eine positive Suggestion sein: „Guten Tag, ich bin Kathi und wir sind ein Team, dass sich jetzt um dein Wohlbefinden kümmert und dich dabei begleitet, in aller Ruhe und gut unterstützt dein Baby zu bekommen." So rücken Ruhe, Wohlbefinden, Begleitung und Unterstützung in den Fokus.


Jede Hebamme, jede:r Ärzt:in sollte sich über eine Frau, die sich bewusst auf die Geburt vorbereitet hat und sich eine schöne, selbstbestimmte Geburt wünscht, freuen. Frauen, die einen Geburtsplan mitbringen, übergeben im Grunde genommen ein Geschenk und ein Kommunikationsangebot für positive Suggestionen. Die Information darüber, was die Frau auf keinen Fall will, ist natürlich wichtig. Jedoch sollte der Fokus konsequent darauf ausgerichtet sein, was sie will. Das kann die Hebamme aufgreifen, denn darin liegen die individuelle Kraft und ein großes Potenzial! Wenn sie zum Beispiel zu Beginn fragt: „Was genau ist dir wichtig und wie kann ich dich am besten unterstützen? Hast du besondere Wünsche? Ich möchte, dass die Geburt so angenehm wie möglich für dich ist und du dich gerne an dieses besondere Ereignis erinnerst", können diese wenigen Worte im Gehirn der werdenden Mama sofort zu einer Hormonausschüttung führen, die sich nicht nur auf ihr aktuelles Befinden sondern auch auf den weiteren Verlauf ihrer Geburt positiv auswirken. Je besser Frauen wissen, wie sie gebären wollen und was sie brauchen, desto zielgenauer können die Expert:innen in der Geburtshilfe sie begleiten. Dann kann ein gemeinsamer Weg entstehen und die Selbstwirksamkeit auf beiden Seiten kann sich gewinnbringend erhöhen. Ein gutes Beispiel für einen schönen Abschlusssatz am Ende eines Aufnahmegesprächs mit der behandelnden Ärztin könnte zum Beispiel sein: „Ich habe viele Jahre Erfahrung und einen guten Blick für Frauen entwickelt. Sie sind eine Frau, die alle Fähigkeiten hat, um aus eigener Kraft eine schöne Geburt zu erleben. Ich bin sehr zuversichtlich, dass Sie das gut machen!“


Eine positive Suggestion ist ein tolles Angebot einer Perspektive und eine Möglichkeit, die Ressourcen der Frau zu stärken. Die Kraft der Sprache ist ein großes Möglichkeitsfeld, auf dem eine menschliche Kommunikation in der Geburtsbegleitung wachsen kann. Eine Untersuchung des amerikanischen Anästhesisten Dirk Varelmann zeigt beispielsweise, welcher Unterschied in der Schmerzempfindung vor der Anlage einer PDA bei Schwangeren vor der Geburt durch verschiedene Ankündigungen entsteht. Einer Gruppe wurde gesagt: „Wir werden Ihnen jetzt eine Lokalanästhesie geben, die den Bereich taub macht, wo wir die PDA durchführen, damit es für Sie angenehm ist.“ Die andere Gruppe erhält im Vergleich folgende Ansage: „Sie werden jetzt einen Stich und ein Brennen am Rücken spüren, als hätte Sie eine Biene gestochen, das ist der schlimmste Teil der ganzen Prozedur.“ Es überrascht nicht, dass der empfundene Schmerz in der zweiten Gruppe signifikant stärker war. Es macht also nachweislich einen Unterschied, worauf die Aufmerksamkeit durch Worte gelenkt wird.


Im zweiten Teil dieser Reihe erfährst du mehr über die Verarbeitung von Sprache im Gehirn einer Gebärenden. Auf meiner Blog-Startseite kannst du dich gerne registrieren, dann bekommst du automatisch eine Information, wenn der nächste Teil online ist.

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